Letzter Gottesdienst an der Krippe

Bericht der Leonberger Kreiszeitung vom 01.02.2022 von Brunhilde Arnold

Renningen - Mit vielen Dankesworten, aber auch einem Hauch Wehmut geht nun eine Tradition zu Ende, die in den mehr als 40 Jahren ihres Bestehens immer mehr zu einer festen Institution in der Rankbachstadt geworden ist: die Renninger Krippe in der katholischen Martinuskirche in Malmsheim. Am Sonntagabend kamen noch einmal Gastredner zum Abschiedsgottesdienst. „Heute ist ein historischer Moment, für die Kirche, unsere Stadt und den Krippenpfarrer“, sagte der Bürgermeister Wolfgang Faißt. „Denn mit der 42. Krippe endet eine Ära, die Renninger Krippe gehört nun der Vergangenheit an.“
Pfarrer Franz Pitzal hat sich mit knapp 86 Jahren aus dem pastoralen Dienst verabschiedet. Damit endet auch die überregional bekannte Renninger Krippe, die er aus kleinen Anfängen groß gemacht hat, zusammen mit vielen Krippenbauern, Helferinnen und Helfern der Kirchengemeinde und mit Unterstützung der Stadt.

„Es bleibt die Erinnerung“
Pater Gasto Lyimo, leitender Pfarrer der Seelsorgeeinheit Clebora, zu der auch Renningen und Malmsheim gehören, erinnerte an die vielen Stunden, in denen Mitstreiter und Franz Pitzal selbst die zahlreichen historischen Abbildungen von Gebäuden für die Krippe nachgebaut haben. Doch die Krippe sei nicht nur eine weihnachtliche Ausstellung, sondern immer auch ein Ort der Begegnung gewesen. Und sie sei auch eine Gelegenheit gewesen, um Spenden zu sammeln, mit denen Hilfsprojekte in aller Welt unterstützt werden konnten. „Wenn jetzt eine lange Tradition zu Ende geht, so bleibt doch die Erinnerung – und es bleibt das Krippenmuseum als besonderes Erbe“, so der Pfarrer, der Franz Pitzal im Namen aller Mitarbeitenden, Kirchengemeinderäte und all derer, „denen du durch die Krippe viel Gutes getan hast“, mit einem „Vergelt’s Gott“ dankte.
„Es ist keine normale Schlussfeier, es ist die Schlussfeier“, betonte Johannes Schmalzl. Das sei ein Schlusspunkt in schwieriger Zeit angesichts von Corona, so der ehemalige Stuttgarter Regierungspräsident und jetzige Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart. Er sprach auch die Missbrauchsdebatte in der katholischen Kirche an. „Es kommt auf uns an, wie es mit unserer Kirche weitergeht“, sagte er. Es gehe bei all dem auch um Machtmissbrauch. „Unsere Mater ecclesiae hat ein Problem mit männlichen Machtstrukturen“, so Schmalzl. Es gebe so viele engagierte Frauen. Sie müssten endlich ordiniert werden dürfen, die Diakonweihe von Frauen müsse möglich werden, Deutschland solle dabei vorangehen. Ohne mehr Mitsprache von Frauen in der Kirche habe diese keine Zukunft.

25 Gottesdienste und 100 Führungen
Pfarrer Pitzal dankte in seinem Rückblick auf die letzte Krippensaison den Stiftungsräten der Franz-Pitzal-Stiftung Renninger Krippe, dass die Krippe, wenn auch eingeschränkt, stattfinden konnte. Zwölf Redner aus Politik und Kirche, 25 Gottesdienste, zu denen jeweils nur 60 Besucher zugelassen waren, sowie 100 Führungen gab es dieses Mal. Sein Fazit: Die Krippe sei trotz der Einschränkungen wieder begeistert angenommen worden, und es sei gelungen, Gemeinschaft herzustellen.

„Auch wenn der Stadt die Krippenstiftung und das Krippenmuseum bleiben, so brauchen wir dich, unseren Ehrenbürger, weiterhin in Renningen,“, sagte der Bürgermeister zu Franz Pitzal. „Es ist schön, dass du weiter hier wohnen und zwischen Leinzell und Renningen pendeln kannst.“ Der Pfarrer hat sich vorgenommen, in absehbarer Zeit zu seiner Schwester nach Leinzell zu ziehen.

Mit der „Renninger Rose“ bedankte sich Franz Pitzal bei Hildegard Butsch, Margarete Maier, Monika Krämer und Regina Steiner-Tatzel für ihre aufwendige Arbeit beim Registrieren der Besucher sowie bei Manfred Reichrath für seine intensive Mitarbeit an der Krippe.

Feierlicher Abschied in der Kirche und im Freien

Franz Pitzal
war fast 50 Jahre der Pfarrer der katholischen Gemeinde in Renningen. Am 1. Advent 2021 endete sein pastoraler Dienst in Renningen. Im Anschluss organisierte er trotzdem ein letztes Mal die Renninger Krippe und leitete die Gottesdienste. Am Sonntag, 13. Februar, wird er mit einem Gottesdienst offiziell aus seinem Dienst verabschiedet. Beginn ist um 11 Uhr in der Bonifatiuskirche.

Der Gottesdienst
Zu Gast wird der Domkapitular Holger Winterholer von der Diözese Rottenburg-Stuttgart sein. Im Anschluss an den Gottesdienst gibt es vor der Kirche bei einer Begegnung im Freien die Möglichkeit für alle Interessierten, sich von Franz Pitzal zu verabschieden. Verschiedene offizielle Vertreter werden Grußworte sprechen. Als Schlecht-Wetter-Schutz werden Zelte aufgestellt.

Tony Marshall bei der letzten Renninger Krippe

Bericht der Leonberger Kreiszeitung vom 25.01.2022 von Brunhilde Arnold

Ein Auftritt, der in Erinnerung bleibt

Renningen - Eigentlich sei das was fürs Guinness-Buch der Rekorde, scherzt Tony Marshall. Er sei schon 40 Mal in Malms­heim aufgetreten, „und immer ohne Gage“, fügt der Sänger hinzu und schmunzelt. Das Publikum – nur rund 70 Menschen waren pandemiebedingt zugelassen – dankt ihm mit Beifall.
Dabei war es bis zuletzt unsicher, ob es der Sänger zur letzten Krippe, die Pfarrer Franz Pitzal mit seinem Krippenteam aufgebaut hat, überhaupt möglich machen kann. Denn der knapp 84-Jährige ist gesundheitlich angeschlagen. „Aber Tony hat immer gesagt, dass er kommen möchte“, betont Pitzal. „Dieser Abend an der letzten Krippe wird uns ganz besonders in Erinnerung bleiben, vielleicht für immer.“
Dann tritt der Gast auf: Mit Hut und weißem Schal ausgestattet wird Tony Marshall auf einen Stuhl begleitet und nimmt vor seinem Publikum Platz. „Ich wünsche mir, dass ich das noch lange an der Seite von meinem Freund Franz erleben kann“, sagt er, und ein Lächeln strahlt über sein Gesicht. Die beiden Männer verbindet eine jahrzehntelange Freundschaft, von der sie immer wieder gern erzählen.

Mit Corona vier Wochen in der Klinik
Der Künstler und studierte Opernsänger, seit 70 Jahren im Musikgeschäft unterwegs, weiß um die Zerbrechlichkeit des Lebens: „Im Oktober habe ich trotz zweifacher Impfung noch Corona bekommen und lag vier Wochen in der Klinik.“ Sagt’s und intoniert den Gospelsong „Oh happy day“ und fordert das Publikum zum Mitklatschen auf.

Die Musik und die Background-Stimmen werden von Band eingespielt, seine eigene, immer noch volle Stimme trägt und füllt den Kirchenraum. „Wie viel ärmer wäre die Welt ohne Musik“, ruft er seinem Publikum zu. Und während er eine berührende Fassung von „Ave Maria“ anstimmt, zücken die Zuhörer ihre Handys und filmen. „Auf Wunsch von Franz“ singt er auch an diesem Abend ein Lied über Obdachlose und erzählt von einer Begegnung mit einem Mann auf der Straße, der heute wieder mitten im Leben steht.
Immer wieder erwähnt Tony Marshall „seinen Freund Franz“. Die beiden fast gleichaltrigen Männer kennen sich seit 40 Jahren, sind sich zufällig im Bayerischen Wald begegnet. Die Freundschaft sei im Laufe der Jahre gewachsen, erzählt der Seelsorger. „Eigentlich sind wir ziemlich verschieden“, sagt Pitzal und ergänzt: „Ich kann zum Beispiel überhaupt nicht singen.“
Immer wieder seien sie sich bei den verschiedensten Anlässen begegnet, und er habe auch eine herzliche Verbindung zur Familie von Tony Marshall, zu dessen Frau und den drei Kindern. Letztere sind auch häufig an der Krippe aufgetreten. „Menschliche Verbindungen sind halt wichtig“, sagt Franz Pitzal, der selbst im Laufe seines Lebens viele Begegnungen mit Menschen in aller Welt hatte.

„Das Wichtigste ist, dass die Leute Freude haben“
Dass Tony Marshall, der traditionell am 1. Weihnachtstag zur Krippe kam, jetzt fast zum Schluss doch noch auftreten kann, bedeutet beiden viel. „Das Wichtigste ist, dass die Leute Freude haben, auch als Ausgleich zu Corona“, so Pitzal. Und der Sänger sprüht in seinen Liedern nur so vor Lebenslust, etwa in „Du sollst das Leben lieben, so heißt das elfte Gebot“ oder „I did it my way – so leb dein Leben“, das er seinem Freund widmet.
„Jetzt singe ich noch ein Lied und dann muss ich schauen, dass ich heimkomme“, kündigt er an. „Morgenfrüh um Viertel nach sechs beginnt die Dialyse, die mache ich jetzt schon seit zwei Jahren“, erzählt er. „Ich muss gesund bleiben, sonst kann ich nicht mehr herkommen“. Und er stimmt ein Lied an, das ihm auf den Leib geschrieben worden sei: „Der letzte Traum ist immer noch in Farbe, in meiner Welt ist immer noch Musik.“

Günther Oettinger wirbt für mehr Weitblick

Bericht der Leonberger Kreiszeitung vom 17.01.2022 von Brunhilde Arnold

Der frühere Ministerpräsident und CDU-Politiker betont an der Renninger Krippe die Bedeutung von christlichen Werten – auch im Wettbewerb mit China.

RENNINGEN. Er kann nicht mehr zählen, wie oft er schon bei uns an der Krippe war, und ich auch nicht“, sagte Pfarrer Franz Pitzal mit Blick auf seinen Gast am Samstagabend in der katholischen Martinuskirche. Der CDU-Politiker, ehemalige Ministerpräsident und bis 2019 EU-Kommissar Günther Oettinger ist während der 41 Jahre, in denen die Krippe nun besteht, immer wieder als Gastredner nach Malmsheim gekommen. „Wir dürfen gespannt sein, was ein Mensch, der so mitten im Weltgeschehen steht, uns für das kommende Jahr zu sagen hat“, begrüßte der katholische Pfarrer seinen langjährigen Wegbegleiter aus Ditzingen.

Bevor der 68-jährige Politiker und Jurist, der auch nach seiner Zeit in Brüssel vielfach tätig ist, ans Mikrofon treten konnte, legte Franz Pitzal die Stola um, galt es doch zunächst, das Wort Gottes zu verkünden. Denn die letzte Krippe – mit dem Ausscheiden des Pfarrers in den Ruhestand endet diese lange Tradition – kann wegen der Coronapandemie nur bei Gottesdiensten besucht werden.

Er sei sehr gerne hier, wandte sich Günther Oettinger an „den lieben Franz“. Pitzal habe eine berufliche Lebensleistung vollbracht, die ihresgleichen suche, und sei zurecht Ehrenbürger von Renningen, sagte Oettinger, der seit 2020 selbst Ehrenbürger von Ditzingen ist. Doch nach seinem Lob für den Gastgeber schlug der langjährige Politiker kritische Töne an. Die Welt sei aus den Fugen geraten, sie sei in Unordnung, sagte er.

Er sei in Sorge, was wegen des Russland-Ukraine-Konflikts in Europa geschehen könne. „Europa ist, alles zusammengefasst, immer noch der attraktivste Kontinent“, aber es sei umgeben von schwierigen, instabilen Regionen. „Wir haben zwei Möglichkeiten: Wir können Stabilität exportieren oder wir werden Instabilität importieren“, lautete Oettingers Schlussfolgerung. Während in der Vergangenheit vor allem die europäischen Staaten und die USA das Weltgeschehen prägten, geschehe das im 21. Jahrhundert durch China. Das schlage sich auch in der Abhängigkeit von Importen aus China für die hiesige Wirtschaft nieder.

„Den Weitblick, den die Bilder hier an der Krippe ausstrahlen, sollten wir uns zu eigen machen“, sagte Oettinger mit Blick auf die Sicherung der Zukunft durch Bildung und Forschung, die nötig seien, um im Wettbewerb der Ideen und Produkte mithalten zu können. Dies sei mit der Ansiedlung des Bosch-Forschungszentrums in Malmsheim gelungen, sagte er rückblickend.

Ob Europa künftig mitprägend sein könne, entscheide sich in den nächsten Jahren. „Wir haben Begabungen, aber haben wir auch den Weitblick, uns so aufzustellen?“, fragte der ehemalige Ministerpräsident. Europa habe Werte wie Toleranz, Friedfertigkeit, Meinungs- und Glaubensfreiheit, Demokratie, die ja auch christliche Werte seien – die gelte es zu exportieren.

China habe das meiste davon nicht. „Aber es kann einem angst und bange werden, wie zielstrebig China mit dynamischen Entwicklungen, etwa im Ingenieurwesen, unterwegs ist.“ Dies müsse man erkennen und versuchen mitzuhalten.

„Wir müssen und sollen wieder missionieren, und das sagt uns kein Kirchenmann, sondern ein Politiker“, schlussfolgerte Franz Pitzal aus Oettingers Worten und spannte noch einmal einen Bogen zur Krippe. Diese schaffe Gemeinschaft, die man immer mehr im Großen und Kleinen brauche, weil es dadurch zu mehr Menschlichkeit komme.

Die letzte Renninger Krippe beginnt - Ende nach 42 Jahren

Bericht der Leonberger Kreiszeitung vom 9.12.21 von Kathrin Klette

Renningen - Mehr als 40 Jahre Renninger Krippe – damit sind viele Erinnerungen verbunden: Bilder von großen Bauwerken mitten in der Malmsheimer Martinuskirche, von bunten Gemälden und natürlich von den liebevoll gestalteten Figuren der Hildegard Buchhalter. Eine große Fotografie von jeder vergangenen Renninger Krippe ziert fortan bis zum Ende der Weihnachtszeit das Kirchenschiff der Martinuskirche. Mit diesem Rückblick nimmt der katholische Pfarrer Franz Pitzal Abschied von der beliebten Ausstellung. Er hat zum ersten Advent seinen pastoralen Dienst in Renningen beendet und wird nun zum letzten Mal die Renninger Krippe gestalten. Der erste Gottesdienst an der Krippe findet traditionell am dritten Advent statt.

Anders als in den vergangenen Jahren wird die Renninger Krippe also nicht unter einem festen Motto stehen, sondern eine Zusammenfassung der vergangenen 41 Krippen abbilden. Doch nur bereits Gesehenes noch mal „aufwärmen“? Das ist nicht die Art des mit seinen 85 Jahren immer noch hochaktiven Pfarrers. „Was hier zu sehen ist, ist alles neu“, verspricht Franz Pitzal. „Das hat man so noch nie gesehen.“ „Alt“ sind einzig und allein die Motive der Fotografien, die über das ganze Kirchenschiff verteilt wurden. Darunter aber sind, neu und mit viel Liebe zum Detail, die Puppen von Hildegard Buchhalter gemeinsam mit traditionellen Figuren aus aller Welt angeordnet.

Im Zentrum stehen die Bonifatiuskirche und die Martinuskirche

Da stehen handgearbeitete nepalesische, indonesische und thailändische Püppchen, Schnitzereien und andere Gestalten neben Buchhalter-Figuren in Schwarzwälder Tracht, Arbeitskleidung oder im Missionarsgewand. Überall sind Bäumchen und Büsche aufgereiht, weihnachtlich mit Lichterketten geschmückt. Das Zentrum bildet eine große „echte“ Krippenszene samt Hirten und Königen – mitten zwischen den beiden katholischen Kirchtürmen der Bonifatiuskirche und der Martinuskirche, in denen die Renninger Krippe jeweils stattgefunden hat. Die beiden Bauwerke wurden extra für die diesjährige Krippe neu gebaut.

„Erst hatte ich gedacht, da es nur eine Zusammenfassung der vergangenen Jahre wird, wird es weniger aufwendig“, erzählt Franz Pitzal. Daher habe man mit den Vorbereitungen erst relativ kurzfristig begonnen. „Aber das ist eine Heidenarbeit. Fast noch mehr als in den vorigen Jahren. Das ist eine so große Vielfalt diesmal.“ Unterstützung beim Aufbau gab es sogar vom Bauhof und der Forstverwaltung, „wofür wir sehr dankbar sind“. Diese stellten die kleinen Bäumchen und das Schnittgut zur Verfügung, der Bauhof half beim Anbringen des „Sternenhimmels“ über der Krippe. „Das ist immer das schwierigste.“

Sonst haben die Helfer bei der Krippe die Arbeiten immer alleine erledigt. „Ich muss inzwischen aber auch gestehen: Ich merke es an den Kräften. An Ideen mangelt es nicht, aber die physische Stärke schwindet einfach“, so der Pfarrer. Auch sämtliche Mithelfer sind inzwischen betagt, jüngerer Nachwuchs fehlt. Wehmut über das Ende der Krippe klingt daher nur am Rande mit.

„Wir brauchen mehr Menschlichkeit“

„Alles muss einmal enden“, stellt der Pfarrer fest – und möchte mit dieser, wie schon mit allen anderen Krippen zuvor, vor allem eines: die Menschen ansprechen und ihnen Freude bereiten. „Wir brauchen mehr Menschlichkeit, daran möchten wir mit der Krippe erinnern. Und wir möchten den Glauben der Menschen wieder mehr vertiefen.“ Diesen Gedanken wolle man weltweit aufspannen – bekräftigt durch die zahlreichen Krippenfiguren aus der ganzen Welt.

Wenn auch nicht der Kern der Krippe, so waren die Spenden, die dabei zusammenkamen, doch immer ein bedeutsames Thema. Nicht selten lagen die Summen im höheren fünfstelligen Bereich, die vollständig einem guten Zweck zugutekommen konnten, da alle Arbeit an der Krippe ehrenamtlich ist und wegen der Verwendung von Wegwerfmaterial für die Gestaltung keine Materialkosten entstehen. Dieses Jahr hat Franz Pitzal zwei Projekte in Ruanda und Kambodscha ausgesucht, die mit den Spenden unterstützt werden. In Ruanda soll davon eine neue Schule gebaut werden, und auch in Kambodscha soll das Geld Schülern zugutekommen.

40 Jahre Renninger Krippe - Pfarrer Pitzal blickt zurück

Bericht der Leonberger Kreiszeitung vom 22.12.2020

Bericht im Druck-Layout

Die Renninger Krippe ist in ihrer Form einzigartig. Seit mehr als 40 Jahren lockt sie Menschen weit über die Grenzen der Stadt hinaus in die katholische Kirche. Aber wie hat eigentlich alles angefangen? Das weiß ihr Erfinder, der katholische Pfarrer Franz Pitzal. Nach vielen Jahrzehnten kann die Renninger Krippe nun erstmals nicht in der gewohnten Weise stattfinden. Bis auf die Gottesdienste fallen alle Veranstaltungen Corona-bedingt aus. Aber wie hat eigentlich alles angefangen? Das weiß niemand besser als der katholische Pfarrer Franz Pitzal. Er hat die Krippe, wie man sie heute kennt, initiiert und ist seit Jahren für deren Organisation verantwortlich. Der katholische Pfarrer blickt zurück.

Herr Pitzal, Sie wenden Jahr für Jahr viel Zeit und Mühe für die Renninger Krippe auf. Woher die besondere Verbindung dieser Tradition?
Als Bub wollte ich immer eine richtige Krippe haben. Ich kam 1946 als Vertriebener aus Iglau in Tschechien nach Leinzell. Da habe ich mir etwas Geld verdient, indem ich für die Nachbarschaft Milch geholt habe. Von dem Geld konnte ich mir drei Jahre später eigene Krippenfiguren schnitzen lassen. Seitdem bin ich nicht mehr von der Krippe weggekommen.

War die Renninger Krippe schon immer so außergewöhnlich?
Anfangs hatten wir eine ganz normale Krippenausstellung, wie es sie in vielen Kirchen gibt. Aber ich habe mir als Pfarrer gesagt: Eine Krippe kann nicht jedes Jahr die gleiche sein. Zuerst kam die Idee, immer unterschiedliche Materialien für die Figuren zu verwenden. Einmal haben wir dafür sogar Schaufensterpuppen genommen. Später haben wir angefangen, nicht nur die klassische Krippenszene abzubilden, sondern uns eigene Themen zu überlegen.

Womit fing das an?
Die ersten Krippen waren noch ganz auf Weihnachten bezogen, zum Beispiel zur Frage: Wie feiern wir Weihnachten? Wir hatten eine Schwarzwaldweihnacht, eine europäische Weihnacht und so weiter. Irgendwann sind uns dazu aber die Themen ausgegangen, und wir haben uns eigene überlegt: Wir hatten eine Krippe mit Brücken, mit Bergen und zu den Jahreszeiten, häufig auch zu aktuellen Themen wie nach dem Anschlag auf das World Trade Center, das Jubiläum der Reformation oder 50 Jahre Baden-Württemberg.

Was war das außergewöhnlichste Thema einer Krippe?
Den größten Widerspruch jedenfalls bekamen wir, als wir 2006 die Krippe mit der Fußball-WM in Verbindung gebracht haben. Das wollten viele nicht. Wir haben uns aber gefragt: Was ist das Wichtige beim Fußball? Klar, Tore schießen, erfolgreich sein. Dann haben wir den Bogen gespannt zum täglichen Leben und überlegt: Was ist Erfolg für die Menschen? Da ging es ums Kinderkriegen, eine Hochzeit, ein bestandenes Examen, Rückkehr aus dem Krankenhaus und solche Dinge. Die Kritiker sind dann auch ziemlich schnell verstummt.

Wie kam die Zusammenarbeit mit Hildegard Buchhalter zustande, der Schöpferin der berühmten Renninger Krippenfiguren?
Das war eher eine zufällige Begegnung. Sie war damals schon hochbetagt, hat aber immer noch ihre wundervollen Figuren hergestellt. Sie kam auf mich zu, zeigte mir ein paar der Figuren. Ich habe sie dann gefragt, ob sie welche für mich machen könne. Damit hat alles angefangen. Seitdem hat sie immer mehr Figuren für uns gemacht: junge Menschen, alte Menschen, verschiedene Berufe, Menschen verschiedener Länder und Kontinente, aus unterschiedlichen Religionsgemeinschaften und sogar historische Figuren wie den Papst oder Ghandi. Mit 92 Jahren ist sie verstorben, hat aber mit über 90 noch ihre Figuren gemacht. Inzwischen haben wir so viele, dass wir im Grunde fast jede Szene des täglichen Lebens mit ihnen nachstellen können.

Was ist das Besondere an den Figuren?
Hildegard Buchhalter hatte einen ganz einzigartigen Stil. Sie hat sogar Kurse gegeben, aber niemand konnte die Figuren machen wie sie. Ihre Figuren hatten immer so etwas leicht Humorvolles und Positives an sich.

Nun heißt die Krippe ja Renninger Krippe, steht aber in Malmsheim. Wie kam es dazu?
Die Krippe stand zuerst viele Jahre in St. Bonifatius in Renningen. 1999 wurde die Kirche renoviert, und danach ging es nicht mehr. Die Wände waren neu, da konnten wir nicht einfach mit dem Tacker rangehen. Auch mit der neuen Beleuchtung funktionierte es nicht mehr. Wir sind damals schweren Herzens nach Malmsheim umgezogen. Dort hat sich aber herausgestellt: Eigentlich ist die Martinuskirche sogar besser geeignet für die Krippe.

Inwiefern?
Die Kirche ist nicht so hoch, dafür ein bisschen größer. Und es gibt keine Treppen und keine Bögen im hinteren Teil des Schiffs, so können wir mit dem Gerüst für den Krippen-Aufbau gut hereinfahren und alle Wände gut nutzen. Schon das ist ja ziemlich außergewöhnlich, dass die Krippe so aufwendig ist, dass man dafür sogar ein ganzes Baugerüst braucht. Ganz zu schweigen von den großen Nachbauten berühmter Bauwerke.Das war aber nicht von Anfang an so, das kam erst im Laufe der Zeit. Wenn ich in den ersten Jahren jemandem gesagt hätte: Wir bauen das Ulmer Münster nach, die hätten mich ja für verrückt erklärt.

Aber irgendwann wurde es doch gebaut – und noch viele andere dazu wie die Wartburg oder der Kölner Dom. Was passiert eigentlich mit den ganzen Bauwerken, wenn die Krippe vorbei ist?
Leider haben wir dafür keinen Raum, vieles mussten wir tatsächlich vernichten. Besonders weh tut mir, dass wir das Münster nicht mehr haben. Einiges haben wir aufbewahrt, verteilt auf unterschiedliche Orte, aber die ganz großen Sachen, für die haben wir leider keinen Platz.

Das ist aber schade. Wird da nicht auch viel Geld verschwendet?
Das Material, das wir verwenden, ist immer nichtsnutziges Wegwerfmaterial. Und wir bauen alles selbst zusammen, das sind alles keine Profis. Daher kostet die Krippe so gut wie nichts. Ein paar Nägel, ein paar Tacker, ein bisschen Farbe, das hat ja jeder zu Hause. Deshalb können wir auch jedes Jahr so vieles an Spendengeld an bedürftige Regionen verschicken, weil wir keine Ausgaben haben.

Viel ehrenamtliches Engagement also. Wie viele Helfer sind bei der Krippe immer dabei?
Das ist unterschiedlich, es gibt die, die mit aufbauen, die sich um die Besucher kümmern oder die Kaffee und Kuchen machen und draußen den Würstchenstand betreuen. Die Reihen haben sich durch Alter und Krankheit etwas gelichtet, aber es sind immer noch um die 50 Leute. Corona-bedingt fällt das dieses Jahr natürlich aus.
Die Krippe hat sich über die Jahre sehr verändert. Wie sieht es aus mit den vielen Aktionen und Veranstaltungen während der Krippenzeit, gab es die schon von Anfang an?
Wir hatten immer eine Eröffnung und einen Abschluss, aber auch ein musikalisches Programm. Wir hatten zum Beispiel Chöre da, Musikergruppen, Duos und Solisten, auch Jazz-Gruppen. Irgendwann kamen dann prominente Gäste dazu wie die Ministerpräsidenten Erwin Teufel und Lothar Spät und andere oder Vatikanjournalist Andreas Englisch.
Ein bekannter Gast ist der Schlager-Sänger Tony Marshall. Jedes Jahr ist er bis jetzt auf der Renninger Krippe aufgetreten. Wie hat sich diese Zusammenarbeit ergeben?
Tony Marshall und ich kennen uns schon sehr lange. Es war um das Jahr 1980. Da trafen wir uns zufällig im Bayrischen Wald, und es entstand spontan eine Freundschaft. Wir haben uns seither immer wieder gesehen. Einmal kamen wir sogar in Amerika kurz zusammen. Ich war bei der Taufe seiner Tochter und habe die Hochzeit seines Enkels abgehalten und war bei vielen persönlichen Festen bei ihm. Bei seinem ersten Konzert, damals stand die Krippe noch in Renningen, war seine hochbetagte Mutter noch dabei, das ist bestimmt schon über 30 Jahre her.

Bei so vielen prominenten Gästen: Können Sie da ein besonderes Erlebnis hervorheben, das Ihnen in Erinnerung geblieben ist?
Da fällt mir eines ein, aber das hatte gar nichts mit einem Redner zu tun. In dem ganzen Trubel habe ich eine Frau getroffen, die ganz entrückt auf der hintersten Bank saß. Sie war ganz still und besinnlich und hat sich da Kraft geholt. Sie hat mir erzählt, dass es ihr letzter Wunsch war, auch einmal die Krippe zu sehen. Das war sehr bewegend. Ein anderes Mal ist es mir geglückt, einen Gefangenen aus Heimsheim herbringen zu lassen. Er hat erzählt, dass es das erste Mal nach zehn Jahren ist, dass er die Nacht im Freien verbracht hat. Auch das hat mich tief berührt.

Das Gespräch führte Kathrin Klette.

Die Krippenleidenschaft von Pfarrer Franz Pitzal

Artikelauszug aus der  Remszeitung vom 12.11.2009

LORCH / RENNINGEN (bt). Ein Schulbub war Franz Pitzal, als er sich selbst den größten Wunsch erfüllte: Er schenkte sich eine Krippe. Ein ums andere Mal sah man den Jungen in den 40er-Jahren mit Milchkannen durch Leinzell gehen – der Gang zum Milchhäusle brachte so manchen „Kreuzer“, selbstverdientes Geld, das er nicht in Zuckerstangen investierte oder in Cowboygeschichten, sondern zum längst verstorbenen Karl Lang trug, der ihm dafür Krippenfiguren schnitzte.

Den Stall hat er damals selbst gebaut, unter anderem mit Hilfe großer, aus der Lein gefischter Wurzeln. Diese Wurzeln sind verloren gegangen, was Pfarrer Pitzal sehr bedauert: „Ich werde nie wieder zur Lein hinabsteigen und nach Wurzeln suchen können“; die restliche Krippe aber, mittlerweile 60 Jahre alt, ist im Renninger Krippenmuseum zu bewundern. Und Franz Langs Figuren dienten vor nunmehr 30 Jahren als Vorlage für den Grundstock der Renninger Krippe, die alle Jahre wieder rund 50 000 Besucher zählt, darunter jede Menge Prominenz.

Ohne die 50 Zentimeter hohen Figuren von Hildegard Buchhalter ist die Krippenlandschaft in der St.-Martinus-Kirche im Renninger Stadtteil Malmsheim nicht denkbar. Die im November 2002 im Alter von 91 Jahren gestorbene Künstlerin hat vor allem lebensfrohe Figuren geschaffen, jeden Alters, vieler Berufe. Menschen aus unterschiedlichsten Erdteilen, historische Persönlichkeiten ebenso wie Heilige. Es sind die Details, die das Betrachten der Renninger Figuren lohnenswert macht: das bestickte Seidentäschen und die mit winzigsten Geschenken gefüllten Satteltaschen der Kamele, die Baskenmütze und die kleine Blume am Strohhut, all die Bärte, Zöpfe, Brillen.

Franz Pitzal, der zunächst bei der Gmünder Firma Bidlingmaier zum Uhrmacher ausgebildet wurde, kam als Spätberufener zum Priestertum. Seine Freude an Krippen und seinen Wunsch, diese Freude zu teilen, hat er nie verloren. Durch seine Kinderhilfsprojekte hat der in Leinzell geborene Pitzal Kontakte zu über 70 Ländern, die ihm immer neue Krippen schenken und damit seinen Jugendtraum immer wieder aufs Neue wahr werden lassen.

Die Schöpferin der Krippenfiguren

Rund 400 Figuren hat Frau Hildegard Buchhalter für die Renninger Krippe geschaffen.