Jans 1. Rundbrief (November 2016)

Liebe Familie, Freunde, Bekannte und Verwandte,

nach einem sehr langen Flug von Stuttgart über Istanbul bin ich endlich in Johannesburg angekommen. Das war aber noch nicht das Ende der Anreise. In Johannesburg musste ich mich erst einmal durch die Einreisekontrollen kämpfen. Das hat alles sehr lange gebraucht und ich hatte schon Angst, dass ich meinen Anschlussflug zu meinem Einsatzort verpasse. Zum Glück bin ich doch noch durch die Kontrollen gekommen und saß rechtzeitig in meinem Flieger nach Mthata. Von meinem Fensterplatz im Flugzeug konnte ich zum ersten Mal die wunderschöne Landschaft Südafrikas bewundern. Angekommen in Mthata wurde ich von meiner zukünftigen Chefin Sr. Corda abgeholt und herzlich begrüßt. Auch in unserem Camp wurde ich sehr freundlich empfangen und war gleich ein Teil der Familie.

Unser Camp heißt Lokusa und liegt mitten im Ikhwezi Township. In unserem Camp gibt es ein großes Convent mit 40 Schwestern und einem kleinen Monestry mit ca. 7 Brüdern. An meinem Arbeitsplatz im Rehablitations-Center leben 40 männliche und 40 weibliche körperlich und geistig eingeschränkte Menschen. Hier haben sie die Möglichkeit eine Ausbildung zu machen, um später ein selbstständiges, eigen-bestimmtes Leben führen zu können. Daneben gibt es noch eine Schule für behinderte Kinder, die Ikhwezi Lokusa Special School und ein Waisenhaus, das Bethany, für Kinder im Alter von 0-6 Jahren. Unser Camp ist mit einem großen Stacheldrahtzaun abgegrenzt, es sind immer mehrere Wächter auf Patrouille unterwegs und an den Eingängen sind ebenfalls Wachen postiert, die die Personen und Autos einlassen. Diese Sicherheit nutzen Familien, die in kleinen Häusern im Camp wohnen. Sie bezahlen für diese Sicherheit. Ich habe ein kleines Zimmer im Abbot Francis Home, das nach dem Gründer der Marianhiller Missionaren benannt ist. Hier lebe ich in einem extra Bereich mit den Brüdern zusammen.

Mein Tag beginnt um 6.30 Uhr mit der Morgenmesse bei den Brüdern, zur der ich täglich gehe, wenn ich nicht verschlafe :) Sie ist um einiges kürzer als die der Schwestern, da diese viel mehr singen. Tagsüber helfe ich Sachen zu reparieren, bin Fahrer, gebe Sportunterricht, Computerkurse und bin da, wo eine helfende Hand benötigt wird. Abends gehe ich mit den Brüdern zum Gebet, danach wird gegessen, abgespült und oft unternehmen wir noch etwas zusammen. So waren wir bei verschiedenen Gottesdiensten, bei einer riesigen Gartenparty die vom Bischof ausgerichtet wurde und einem üppigen Barbecue am Mthata Lake.

Letzten Sonntag haben wir auch ein großes Barbecue veranstaltet und im brother home gefeiert. Es gab riesige Steaks, Bier und die typische südafrikanische house musik, zu der alle Nonnen und Brüder getanzt haben. Viele Brüder und Priester kamen von weit her und ich habe Father Casimir kennenlernen dürfen. Er ist ein Marianhiller Missionar und seit 40 Jahren in Südafrika tätig. Er hat beim Kampf gegen die Apartheid mitgewirkt und kam dadurch zweimal ins Gefängnis. In unserer Rehab Station gibt es vier verschiedene Workshops, in denen die Trainees eine Ausbildung machen können: die Letherwork in dem Gürtel, Schuhe hergestellt und repariert werden; die Pottery wo fleißig getöpfert wird, die Sewing (Näherei) in der auch liturgische Gewänder gefertigt werden und die Craft, in der die typischen Ketten und Armbänder des hiesigen Stammesvolk, der Xhosa, gefertigt werden. Durch die Stromausfälle wird die Arbeit in der Töpferei oftmals erschwert. Die Sachen im Brennofen werden beim Stromausfall beschädigt und es gibt reichlich Verluste.

Alle Trainees im Alter von 18-43 Jahren die in diesen Workshops arbeiten, bekommen Unterkunft und Verpflegung und werden für ihre hergestellten Artikel bezahlt, was sie sehr stolz macht. Die meisten sind sehr froh, dass sie in der Station aufgenommen worden sind. Sie sind bemüht, trotz ihrer Einschränkung, hundert Prozent zu geben und sind stets motiviert. Sie haben schon viel in ihrem Leben erlebt, wobei größtenteils Gewalt und Verlust eine Rolle spielte. In manchen südafrikanischen Gesellschaften herrscht zudem der Aberglaube, dass bei der Geburt eines behinderten Kindes ein Fluch auf der Familie liegt. Diese Kinder werden meistens vor dem Rest der Gesellschaft versteckt. Die Regierung legt leider nicht viel Wert, dass hier mehr Aufklärung betrieben wird, die diesen Irrglauben beseitigen würde. Leider ist das Bewegen eines Rollstuhls, aufgrund der Straßenverhältnisse, oftmals nicht möglich. In den Townships sind viele Häuser ohne Strom, die Arbeitslosigkeit ist hoch und es ist wenig Geld im Umlauf. Ein Brot kostet 50 Cent, und so ist es für einige Familien schwer sich mehr zu leisten als ein Brot und etwas zu trinken. Durch diese Armut entsteht in manchen Bereichen die Kriminalität. Beim Autofahren muss man sehr aufpassen, da viele Passanten einfach vor das Auto laufen und die anderen Verkehrsteilnehmer sich auch nicht immer an die Verkehrsregeln halten. Am Anfang hatte ich ein bisschen mit dem Südafrikanischen Linksverkehr zu kämpfen.

Alles hier geschilderte ist natürlich nur meine Erfahrung und Einschätzung, die aus meinen Erlebnissen hier resultieren und spricht auf keinen Fall für die Personen und Menschen eines ganzen Landes bzw. Kontinentes.

Am Ende möchte ich mich noch für die tolle Unterstützung von meiner Familie, meinen Freunden, meiner Gemeinde bedanken und einen großen Dank an die Marianhiller Missionare.

Viele Grüße und Gottes Segen

Jan Ricco

Hier ist noch meine Adresse vor Ort :

P.O. Box 695

Mthatha, 5099 Eastern Cape Province

Republic of South Africa

www.ikrehab.co.za

 

Auch noch großen Dank an die Missionare von Mariannhill, die mich so großzügig und nett in ihrer Gemeinschaft aufgenommen haben. Wenn du dich für das Leben bei den Missionaren interessierst, kannst du ja hier noch ein wenig auf ihren Seiten herumstöbern.

http://www.mariannhill.de

http://cmmmariannhill.org